Permakultur-Blog Permakultur im Garten und auf dem Balkon

Oktober 10, 2010

Komposttoilette

Filed under: Praxis — Schlagwörter: , , , , — admin @ 09:00

KomposttoiletteEs gibt kaum etwas perverseres, als seine Hinterlassenschaften mit einigen Litern glasklarem Trinkwasser wegzuspülen. Das wird einem erst dann richtig klar, wenn man eine Weile lang eine Komposttoilette benutzt hat. Für die meisten Menschen ist es am Anfang problematisch überhaupt mit dem Thema umzugehen. Ich kenne sogar Leute, die sich weigern auf diese Toilette zu gehen. Aber wenn die Entfremdung von unseren natürlichen Verdauungprozessen erst einmal überwunden ist, wundert man sich schnell, warum es nicht überall alltäglich ist.

Unser Kompostklo steht in unserem Ferienhaus in Schweden. Dort ist es üblich, dass „Stugas“ (kleine Wochenend- und Ferienhäuser) Komposttoiletten haben. Werden die Häuser vermietet, werden oft technische Meisterwerke eingebaut, um den Komfort für die verwöhnten Touristen zu maximieren. Diese technischen Toiletten mit Rührgeräten, Heizung, Urinabscheidung und was weiss ich für Schnickschnack haben vor allem zwei Eigenschaften:

  1. sie sind unglaublich teuer
  2. sie sind ständig kaputt

Fass in der KomposttoiletteDa unser Haus nur von der Familie benutzt wird, konnten wir unser Klo bauen, wie wir wollten. Ursprünglich gab es einen weissen Plastikthron, der so erhöht war, dass er Stufen benötigte. Unter dem Thron stand einfach ein Karton mit einer Plastiktüte drin. Das geht vielleicht mal an einem Wochenende, aber nicht bei Dauerbenutzung. Außerdem war der Raum mit ekligen alten grünen Tapeten verschandelt.

Den Neubau unserer Toilette haben wir extrem einfach, aber funktional gehalten. Es ist im Endeffekt einfach nur eine Holzkiste, mit einem Loch, über dem ein Toilettensitz angebracht ist. Die Sammelstelle ist ein altes Regenfass, dass auf der passenden Höhe abgeschnitten wurde. Es gibt keine spezielle Urinabscheidung, aber einen kleinen Trick: Vorne im Toilettensitz ist ein wenig PVC befestigt, das ein paar Zentimeter in das Fass hängt. Das sorgt dafür, dass Urin nur in das Fass geht und nicht hin und wieder über den Rand spritzt.

Urin ist überhaupt das einzige Problem in dieser Toilette. Umso trockener die Masse ist, umso weniger riecht sie. Daher wird nach jedem Geschäft etwas trockenes Material, wie z.B. Sägenspäne, nachgeworfen (statt zu spülen). Wenn sich eine Pfütze bildet, fängt das ganze an zu gären und eine Jauche zu bilden. Wie das riecht kennt jeder unter dem ironischen Begriff „Landluft“. Bei uns wird das Problem ganz einfach und pragmatisch gelöst: Männer dürfen auf diesem Klo nicht pinkeln (außer der unvermeidbaren Menge beim grossen Geschäft, die kein Problem ist). Da unser Haus am Waldrand steht und das Klo hinten in der Werkstatthütte ist, ist es kein Problem einfach das natürlichste zu tun und eine Stange Wasser in den Wald zu stellen. Frauen steht frei, ob sie lieber die Toilette für alle Geschäfte benutzen, oder sich auch ins Grüne hocken. Nach einer gewissen Gewöhnungszeit nutzt meine Freundin jetzt immer die grosse grüne Waldtoilette für die kleinen Geschäfte.

Die erste Frage zu dieser Toilette ist immer: Stinkt das nicht? Die Antwort ist kurz und einfach: Nein. Das weisse Rohr auf dem ersten Bild ist ein Abluftrohr, das Gerüche aus dem Raum leitet. Wenn nicht irgendetwas schief geht, riecht es auf dieser Toilette genau so, wie auf jeder anderen. Das heißt: Geruchsbelästigungen gibt es nur direkt nach der Benutzung (so wie in jedem WC auch). Unschön ist nur, wenn jemand krank ist und zum Beispiel starken Durchfall hat. Dann kann man sehr viel trockenes Material nachfüllen und häufiger leeren.

Das Leeren selber geschieht in diesem Fall durch die Klappe nach vorne raus. Das ist nicht perfekt, weil man mit dem Fass einmal durchs Klo muß. Baulich war eine Klappe nach hinten raus aber leider nicht möglich. Mit zwei Personen kommt man problemlos 3 Wochen ohne Entleerung aus. Bei einem Ferienhaus kann es also hinkommen, dass man nur am Anfang des Urlaubs entleert und die Reste sich dann zwischen den Urlauben setzen können. So hat man beim nächsten Urlaub eine eher angenehm waldig riechende Masse, die man ohne Ekel entleeren kann. Bei häufiger Benutzung mit mehr Personen, bietet es sich an, eher häufiger zu entleeren, da das Handling einfacher wird.

Ausgeschüttet wird bei uns einfach auf den Kompost. Es gibt kaum bessere Erde als das, was daraus wird. Ich habe auch keine Probleme danach Gemüse in dieser Erde anzubauen.

Was habe ich beim Bau dieser Toilette gelernt?
Erstens: KISS – Keep it simple, stupid. Dinge die einfach sind funktionieren und gehen nicht kaputt.

Zweitens: 90% der Akzeptanz dieser Toilette macht das Umfeld aus. Hübsche Paneelen  an den Wänden, Sauberkeit des Raums und ein bequemer Toilettensitz (statt billig Plaste) und eine bequeme Sitzhöhe erhöhen den Komfort soweit, das Ekel meist gar nicht aufkommt.

Komposttoilette - AussichtZum Schluss noch eine kleine Anekdote zu diesem Bild:
Inzwischen benutzt meine Freundin die Toilette meist bei geöffneter Tür. O-Ton:

Andere Leute haben sowas als Foto-Tapete im Wohnzimmer!

Und wer denkt bei so einer Aussicht noch an das, was unter ihm vorgeht?

Ich jedenfalls habe immer richtige Beklemmungen, wenn ich nach Hause komme und wieder eine normale Toilette benutzen soll. Soviel Trinkwasser für etwas Pipi? Einen ganzer Spülkasten Wasser verschwenden, um besten Kompost wegzuspülen? Ich bringe es fast nicht übers Herz.

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10 Comments

  1. Hab ich gerade auf meinem PDK gelernt: wenn jemand krank ist und deswegen Medikamente nehmen muss – im schlimmsten Fall sogar Antibiotika – sollte man die Benutzung des Kompostklos lieber vermeiden. Sonst landen diese gefährlichen Stoffe im Gemüsebeet und später im Gemüse etc. Damit kann man seinen Garten regelrecht verseuchen..

    Und hast du im Rottebehälter noch irgendwas eingebaut, damit die Luft besser zirkulieren kann? Habe mal gesehen, dass halbierte Abwasserrohre oder Gitter am Boden des Behälters angebracht wurden, um einen Raum für Luft zu schaffen..

    beste grüße

    Kommentar by Gregor — Oktober 10, 2010 @ 11:49

  2. @Gregor:
    Das mit den Medikamenten ist prinzipiell richtig. Wenn ich aber so besorgt darum bin, die Medikamente in mein Essen zu bekommen, wieso nehme ich sie dann überhaupt ein? Wir nehmen sehr wenig Medikamente und die Hinterlassenschaften haben bei uns Jahre Zeit zum ruhen, da ist das für uns einfach unbedenklich.

    Zur Luftzirkulation:
    Nein, das Rohr geht einfach nur in den Kasten unten, nicht mal direkt ins Faß. Da das Klo ein „Outhouse“ und unbeheizt ist, gibt es einen gewissen Kamineffekt. Ansonsten ist Sinn der Sache nur, den Geruch abzuleiten.
    Die eigentliche Kompostierung findet erst nach Ausleeren des Behälters auf dem Komposthaufen statt. Das ist ein grosser Unterschied zu anderen Klos, wie z.B. von Seymour beschrieben. Für unsere kleinen Mengen macht es das ganze aber auch gut zu bewältigen.

    Kommentar by admin — Oktober 10, 2010 @ 21:41

  3. Sehr gut und anschaulich beschrieben! Eklig finde ich das nicht. Immerhin bin ich mit dem Plumpsklo auf dem großelterlichen Bauernhof aufgewachsen.
    In einem Ferienhaus sicherlich die beste Möglichkeit. Als Alltag hier? Ich kann’s mir ehrlich gesagt nicht ganz vorstellen. Auch wenn ich allen pro-Argumenten zustimme. Seltsame Kopf-Geschichte…
    Liebe Grüße, Margit

    Kommentar by Margit — Oktober 12, 2010 @ 17:03

  4. @Gregor,

    das was man Dir im PDK diesbezüglich gesagt hat ist ja prinzipiel richtig, aber dann hätten Sie Dir aber auch sagen müssen was heute alles im Trinkwasser nachweisbar ist und uns aber verschwiegen wird bzw. die Grenzwerte eben dementsprechend gelegt werden um das mal vorsichtig zu definieren. Lieber die „Eigenen Medikamenten Überreste“ im Humus als die von denen ich überhaupt nichts weis und übers Trinkwasser kommen.
    Heute lässt sich auch schon Clothianidin, Glyphosat usw. nachweisen. Von dem was an Überresten von Antibiotika, Antibabypillen hormone etc. im Trinkwasser zu finden gar nicht zu reden. Ist ja alles unbedenklich wie uns suggeriert wird… ein SChelm wer böses dabei denkt… oder Fluoridiertes Trinkwasser…

    Nur mal so zum Nachdenken für alle,

    sonnige Grüsse, HoPi

    Kommentar by HoPi — Dezember 20, 2011 @ 16:52

  5. Frage: „Was ist wenn jemand chronisch Krank ist?
    Und ein Leben lang Tabletten nehmen muss? Kann man der ganzen Familie dieses Gemüse, das auf diesem Kompost wächst noch zumuten?

    Kommentar by Ich — Dezember 25, 2011 @ 23:43

  6. Also ich bin kein Mediziner bzw. Biologe, aber bei dauerhaftem Medikamentenkonsum, würde ich da evtl. vorher einen Fachmann fragen und das klären. Gehe davon aus, dass die Gefahr hier auch je nach Medikament unterschiedlich ist.

    Grundsätzlich bin ich allerdings der Meinung, dass der Humus aus einem Komposthaufen mit Beimischung von Material aus einer Komposttoilette vollkommen unbedenklich ist. Das ist trotz der diversen Krankheitsereger in den Ausscheidungen der Fall, vorausgesetzt man lässt der Rotte und somit den Abbauprozessen genug Zeit.

    Kommentar by Albert — März 8, 2012 @ 17:05

  7. Hej

    So einen „Donnerbalken“ hab ich auch in meinem Torp. wie Du schon schreibst, die „Umgebung“ macht viel aus. Ich nehme Torf als Bett und dann Kalk. Kein geruch, keine Fliegen.
    Die Reste schicke ich allerdings entweder durch ein Feuer und bring damit die „K…e zum dampfen“ oder aber grab sie in der Wiese ein.

    Dem Kompost fehlt einfach Material als dass es dort ca 70 Grad warm wird und „verbrennt“.

    Probleme?
    Keine!

    Hälsningar
    Kap Horn

    Kommentar by Kap Horn — Juni 13, 2012 @ 10:13

  8. Hallo,

    „Es gibt keine spezielle Urinabscheidung, aber einen kleinen Trick: Vorne im Toilettensitz ist ein wenig PVC befestigt, das ein paar Zentimeter in das Fass hängt. Das sorgt dafür, dass Urin nur in das Fass geht und nicht hin und wieder über den Rand spritzt.“

    Kannst Du bitte hierzu noch ein Detail-Bild posten? Ich würde mir auch gerne so was bauen kann es mir aber nur schwerlich vorstellen…

    LG,
    Jürschen

    Kommentar by Jürschen — August 19, 2012 @ 10:30

  9. @Jürschen:

    Dazu habe ich leider kein Bild, aber es ist ganz einfach.
    Es ist im Endeffekt ein „Lappen“ aus PVC, ca. so breit wie das Faß und so lang, dass es 10 cm in das Faß hinein hängt.
    Befestigt ist es am vorderen Querbalken, also direkt hinter der Klappe, die du auf dem ersten Bild siehst.
    Wenn man das Faß reinschiebt, klappt der Lappen drüber und hängt dann im Faß. So ist die vordere obere Kante dicht und es kann nichts mehr zwischen Faßoberkante und Toilettensitz durchspritzen.

    Kommentar by admin — September 2, 2012 @ 17:51

  10. Moin.

    Habe gerade zufällig auf der Suche nach Infos über Komposttoiletten dieses Blog entdeckt. Zu der obigen Diskussion über Krankheitskeime und Medikamentenablagerungen in menschlichen Exkrementen:

    Alle mir bisher bekannten Info-Quellen zu diesem Thema empfehlen ausdrücklich, den über diese Toilette gewonnen Kompost nicht, ich wiederhole: NICHT(!) für das Düngen von Obst und Gemüse zu verwenden!

    Stattdessen sollte man sich einen 2. Komposter für die Toilette zu-/anlegen, dessen Humus dann auf Blumen- und Zierpflanzenbeete ausgebracht werden kann.

    Wir haben gerade einen Kleingarten erworben und ich beabhsichtige, das vorhandene Chemieklo (Bäh!) durch eine Komposttoilette zu ersetzen.

    Gruß aus Hamburg
    Jörg

    Kommentar by JoergHH — September 11, 2012 @ 11:36

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