Permakultur-Blog Permakultur im Garten und auf dem Balkon

April 10, 2010

Allgemeine Gedanken zur Permakultur auf dem Balkon

Das Wort Permakultur ist ursprünglich zusammengesetzt aus „permanent agriculture“ und es geht unter anderem darum ein stabiles selbstregulierendes System zu erschaffen. In diesem Sinne kann man auf einem Balkon niemals eine vollwertige Permakultur anlegen. Um ein echtes biologisches Gleichgewicht zu erhalten, braucht man einfach eine gewisse Größe. Aber das macht nichts, solange wir Dinge trotzdem verbessern können.

Einige Prinzipien der Permakultur kann man zur Verbesserung seines Balkons heranziehen, auch wenn man an anderen Stellen abstriche machen muss. Die erste und wichtigste Regel sollte aber sein, dass sich so etwas entwickeln muss. Manchmal findet man Permakultur Designs für den Balkon, ausgeklügelte Zeichnungen, die auf 5m2 eine Wassertonne, einen Kompost und verschiedenste Pflanzmöglichkeiten vorsehen. Die wenigsten dieser Designs werden wohl in die Praxis umgesetzt, noch weniger werden unverändert funktionieren. Kopfgeburten nennt man das.

Viel besser finde ich das Schrittweise vorgehen, wobei man immer das tut, was eben als nächstes dran ist. Dein Balkon ist bisher komplett Pflanzenfrei und nur mit Sonnenstuhl und Grill ausgestattet? Dann ist der nächste Schritt sicher nicht ein komplexes Design, sondern einfach ein Balkonkasten mit Küchenkräutern!

Welche Prinzipien der Permakultur lassen sich auf einem Balkon (nicht) anwenden?

Beobachtung

Naturbeobachtung ist ein grundlegendes Prinzip und lässt sich immer und überall anwenden. Viele Städter meinen, auf einem Balkon gäbe es nicht so viel zu sehen. Wenn man aber erst einmal anfängt, merkt man schnell, wie viel es doch zu sehen und zu lernen gibt.

  • Sonneneinstrahlung
  • Feuchtigkeit
  • Sesshafte Tiere
  • Tierbesucher

Hast du einen Südbalkon, der durch den Balkon ein Stockwerk über dir überdacht wird? Verdorren dir alle Pflanzen in der Mittagshitze und Trockenheit? Oder hast du einen Nordbalkon der ungeschützt der Witterung ausgesetzt ist? Vielleicht tropft von einer Dachkante ständig Wasser in deine Blumenkästen? Gibt es in der Nähe Blumenwiesen, so dass Schmetterlinge und Bienen deine Pflanzen besuchen? Oder wohnst du im 15ten Stock in einer Betonwüste? Auf all diese Gegebenheiten kann man eingehen und hat dann viel weniger Stress mit seinen Pflanzen. Dazu muss man sie allerdings kennen.

Nützlichkeit

„Essbare Landschaften“ finde ich ein wunderschönes Schlagwort. Es ist ein sehr befriedigendes Gefühl etwas konkretes, nützliches und leckeres von seinem Balkon zu haben. Das hört aber beim Essen nicht auf und jeder hat andere Bedürfnisse. Wenn dein Sonnenstuhl dein wichtigster Ort zur Entspannung ist, wirst du ihn nicht für Tomatenpflanzen opfern. Aber vielleicht kannst du den Sonnenschirm gegen ein kleines Bäumchen tauschen? Auch bieten sich Balkons sehr für die Installation eines Solar-Wäschetrockners (umgangssprachlich auch Wäscheständer genannt) an. So spart man Energie und tut was für die Umwelt.

Mischkulturen

Wenn man große Blumenkästen oder Töpfe hat und eher kleine Pflanzen hält, kann man durchaus auch auf dem Balkon Mischkulturen anlegen.  Sie werden aber wohl nicht so wild werden, wie in einem üppigen Garten. Auf kleinen Flächen muss man mehr auf den Ertrag achten. Wenn in deinen Blumentopf grade mal 3 Pertersiliepflanzen passen, wirst du ja nicht noch etwas zusätzliches reinsetzen. Grade bei den typischen breiten Balkonkästen bietet es sicher aber z.B. an abwechselnd zu Pflanzen.

Kreisläufe

Echte Kreisläufe sind auf dem Balkon schwierig einzurichten. Kompostierung verbraucht viel Platz und geht auf einem Balkon nur mit einer Wurmfarm. Das ist nicht jedermanns Sache. Man kann aber immerhin versuchen viele recycelten Dinge zu verwenden und nicht unnötigen Müll zu erzeugen. „Permakultur Anhänger“ die Einweg Plastikpflanztöpfe für die Anzucht ihrer Setzlinge verwenden, haben irgendwas nicht verstanden. Außerdem solltest du möglichst wenige „künstliche“ Dinge von außen hereintragen. Lass den Chemiedünger (und auch den „Natur“dünger lieber weg. Besorg dir stattdessen bei einem Freund frischen Kompost. Oder vergrab einfach mal ein welkes Salatblatt um Blumenkasten!

Nützlinge und Schädlinge

Natürlich sind auch bei den Nützlingen die Möglichkeiten eines Balkons stark begrenzt. Aber es mach schon einen riesen Unterschied aus, ob du alles steril und sauber halten willst, oder den Tieren ihren Platz lässt. Das fängt dabei an, ob du ständig alle Spinnennetze entfernst und hört beim Giftspritzen gegen Läuse noch nicht auf. In meinen Blumenkästen leben z.B. Ohrenkneiffer und Tausendfüssler. Letztes Jahr haben sich auch Ameisen nieder gelassen. Moos wächst an hölzernen Stützstäben und bietet Kleinstlebewesen einen Lebensraum. Herumkrabbelndes Getier wird nicht einfach erschlagen, sondern toleriert.

Von der Theorie in die Praxis

Los gehts, einen Schritt nach dem anderen. Bei mir fing es an mit einer Basilikum und einer Petersilienpflanze, die eigentlich nur zum Kochen gekauft, nach mehreren Wochen immer noch meine Küche bevölkerten. Irgendwann habe ich sie vernünftig eingepflanzt und weiter gehegt und gepflegt. Als nächstes zwei oder drei Töpfe auf der Fensterbank mit selbst gesäten Küchenkräutern (Rosmarin war mein neuer Liebling). Dann noch Balkonkästen und Guerilla Gardening im Hinterhof. Alles erweitert sich ganz von alleine, so wie man dazulernt und sich das Interesse entwickelt. Fehlschläge gehören dazu, aber eigentlich ist es ganz einfach auch gute Erfolge zu erzielen.

2 Comments

  1. sehr schöne gedanken und anregungen – und schön, dass nicht verbiestert und energisch „alles oder nichts“ verlangt wird!
    ich habe in diesem frühjahr begonnen, den balkon für salat und gemüse zu nutzen und habe außer den üblichen balkonkästen zwei 90-liter-mörtelwannen aufgestellt, weil die viel weniger kosten, als pflanzgefäße. (abflusslöcher haben wir selbst gebohrt)
    in meinem früheren garten habe ich leidenschaftlich gern mit mulch gearbeitet – aber in meinen balkongarten können keine regenwürmer einwandern und ich kann nur hoffen, dass die umwandlung von mulchmaterial auch mit hilfe von kleinstlebewesen funktioniert und so die erde fruchbar und lebendig bleibt! regelmäßig die erde austauschen und neue kaufen kommt nicht in frage…zumal ich versuchen will, auch wintersalate wie winterportulak und mehrjährige kräuter halten will.
    hat jemand erfahrung mit mulch in pflanzgefäßen?
    ich freu‘ mich über tipps 🙂

    Kommentar by beatrix tamm — April 22, 2012 @ 21:23

  2. Die Regenwürmer können vielleicht nicht von alleine einwandern, aber eingebracht werden, z.B. ganz einfach in frischem Kompost. Ausserdem gibt es wirklich eine Menge zersetzende Organismen, von der Bakterie bis zur Assel. In meinen Balkonkästen krabbelt es richtig. Tausendfüssler, Ameisen und Asseln sind bei mir häufige Gäste. Auch Regenwürmer leben in meinen Kästen ganz selbstverständlich.
    Wenn du vielleicht mit etwas weniger Mulch anfängst und mit einer längeren Zersetzungszeit rechnest, wird das mit Sicherheit funktionieren.

    Ich mulche in meinen Balkonkästen schon alleine um das Unkraut zu unterdrücken.

    Kommentar by admin — April 23, 2012 @ 20:19

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